Wie einen zweiten Darmausgang

Wie einen zweiten Darmausgang hätte Christian das gebraucht, dass er seit gestern abend einen zweiten Gips am selben Bein trägt. Ehrlich.

Scheinbar war alles schon wieder gut, er fing wieder schwer an zu spielen und zu toben, und das Gehen ging ohne Stützen, es sah nur noch nicht so elegant aus.

Aber es waren ihm zwei Wochen „Kontaktsport“ verboten, und es war erst eine Woche rum, als er Kontakt hatte, auch ohne Sport, Kontakt mit dem Roller eines anderen Kindes. Am Knöchel, ja, genau da. Und abends war er wieder in der Ambulanz in Kaiserswerth, und bekam wieder einen Gips. Einen kleinen, er geht nicht übers Knie. Und einen neuen Termin beim Unfallchirurgen hat er auch. Nächsten Montag. Für eine Woche bleibt der also auf jeden Fall dran.

Rückwärtsbloggen: „Mein Bein ist ein Weichei“

„Mein Bein ist ein Weichei“ mault Christian. Er sitzt auf der Bank des Unfallchirurgen und hat gerade seine ersten Gehversuche ohne den lästigen Gips der letzten 5 Wochen gemacht, und natürlich ist das Bein schlaff. Dünn ist es geworden, aber schmerzfrei und auf dem Röntgenbild gut verheilt. Noch ein, zwei Wochen keinen Fußball spielen, ansonsten alles tun, was er sich zutraut.

Aber für die geneigten Leser, die nicht dabei waren, müssen wir rückwärts bloggen. Das war heute. Gestern schoß er auf Krücken über den Hof der Kindertagesstätte, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Denn er hatte drei Wochen lang nichts anderes gemacht. Wenn er mit den Krücken auslegte, mußte ein Erwachsener ausschreiten, um mitzuhalten.

Und es war vor fünf Wochen, genau am verbockten Heiligabend, dass er mit seinem ganz neuen Gips unter dem Weihnachtsbaum im Skichalet saß, ein schönes Geschenk, das nicht auf seinem Wunschzettel gewesen war.

Ein kurzer unbedachter Moment am selben Morgen war es gewesen, eine Schußfahrt ohne sich vorher warmzumachen und ohne sich zu erinnern, wie denn das überhaupt noch ging mit dem Skifahren, und mit dem Bremsen und Ausweichen. Einmal nur nicht aufgepaßt, und schon passiert. Eigentlich ein geübter Skiläufer, ein gestandener Blue King, der zwei Wochen Skiferien vor sich gehabt hätte. So wie hier seine Schwester, hätte er ausgesehen. (So wie hier sah im übrigen auch das Wetter aus an jenem Tag.) Doch sollte es anders kommen. Sollte Bergung mit dem Motorschlitten und Röntgen im Spital bedeuten.

Aber – diese knapp fünf Wochen gaben ihm Gelegenheit, zu beweisen, wie gut er mit solch einer Herausforderung umgehen kann. Und er bewies es: er trug es mit Fassung, mit guter Laune, ohne zu klagen. Wir sind beeindruckt und stolz auf ihn.

Walfischallergie

Haben wir irgendwie nicht wirklich gebraucht: eine spontane allergische Reaktion auf etwas, das Christian am Freitag beim Tag der offenen Tür an seiner neuen Schule angetroffen hat. Symptom: spontaner Nesselausschlag am Unterarm, vermutlich keine Kontaktallergie, denn er war langärmelig gekleidet, vermutlich Walnüsse in einem selbstgebackenen Apfelkuchen, von dem er unmittelbar vorher 2 Stück gegessen hat.

Sieht heute schon wieder recht gut aus, und ohne Walnüsse kann man leben, finde ich zumindest. Aber gebraucht hätten wir das nicht.

Nachteinsatz für Alleinerziehende

Ich bin die Tage öfter mal Alleinerziehender, oder etwas schlichter gesprochen, Strohwitwer, wenn die Angetraute auf Geschäftsreisen in die Schweiz muß, so auch heute.

Das als Vorbemerkung für die folgende Episode: Gestern abend gingen Lisa und Christian den Umständen entsprechend anstandslos zu Bett und waren kurz danach eingeschlafen. Papi drückte ein wenig Tasten am Computer, als plötzlich, es war halb elf geworden, Christian zu weinen begann. Aha, entweder ein biologisches Malheur oder ein schlechter Traum, das kennt man, das kann man reparieren, das hat man oft geübt.

So war es nicht. Er ließ sich nicht beruhigen. Er weinte und weinte in einer Art Halbschlaf, ähnlich einem Nachtschreck/Pavor, aber auch ein Pavor geht irgendwann vorbei. Dies nicht. Und während ich den weinenden Kleinen zu beruhigen versuchte, war er auch in gewissen Grenzen ansprechbar, und erklärte mir schließlich jammernd, er habe Schmerzen, „es“ tue ihm so weh.

Lange Geschichte kurz zusammengefaßt: ich gab ihm Ibuprofen-Saft, die beklagten Schmerzen ließen nicht nach. Ab und zu dämmerte er ein, aber immer nur für eine Viertelstunde, dann wie vor. Mir schien es mehr, als jammere er, weil er nicht schlafen konnte, als wegen Schmerzen, dennoch: um 1:00 Uhr rief ich den Notruf. Es erschienen (wie schon einmal, das einzige weitere Mal, als wir den Notruf riefen) drei freundliche, aber sehr junge Rettungssanitäter, aber kein Arzt, nach etwa einer Viertelstunde, ohne Blaulicht. Anscheinend löst die Meldung „Kleinkind mit unklaren Schmerzen“ in der Münsterstraße nicht eben Hektik aus. Aber gut so, langer Rede kurzer Sinn: Christian war inzwischen wiederum eingeschlafen… wurde von den Sanis sehr freundlich geweckt, schaute sie mit großen Augen an – und war ruhig und entspannt, kein Wort von Schmerzen, kein Weinen.

Sanis können da natürlich nur eins anbieten: Mitnehmen zur Abklärung. Und da saß ich nun, mit einer friedlich schlafenden Lisa und ohne Mami, und zudem mit einem friedlich dämmernden Kind. Ein Notfallhandy-Anruf bei Dr. Sch. brachte auch keine Klärung, wenn sich die Mittelohrentzündung, die Christian vor zwei Wochen hatte, die aber eigentlich scheinbar längst ausgeheilt war, in den Knochen hineingefressen hätte, würde das die Symptome erklären und dann würde nur Röntgen helfen – aber die Symptome waren ja verschwunden!

Am Ende war es Pragmatismus, der mich entscheiden ließ, die Retter wieder wegzuschicken. Sie versicherten mir, nicht böse zu sein, und daß ich sie jederzeit wieder rufen könne, sollte es wieder schlimmer werden. Klaro: Christian schlief friedlich durch, war am Morgen wohlauf, und konnte sich zu allem Ãœberfluß an nichts erinnern…

Auch jetzt weiß ich noch nicht, was da genau geschehen ist, muß abwarten, wie es ihm heute nachmittag nach dem Kindergarten geht, aber ich vermute, meine erste Diagnose – Pavor, zusammen mit Frustration über das folgende Nichteinschlafenkönnen – war richtig. Ich hatte wohl nicht hinreichend realisiert, daß er niemals richtig wach gewesen war, daß er erst von den Sanitätern ganz geweckt wurde, und damit aus der „Schleife“ herauskam.

Und ich habe gelernt, wie sich ein alleinerziehender Mensch fühlen muß, wie wichtig die Rückkopplung mit dem Partner ist, um gemeinsam eine Situation zu analysieren, in der einer allein nur noch Bäume sieht und keinen Wald. Wichtig, um zur Gelassenheit zurückzufinden, denn noch jedes Mal, wenn wir zusammen entschieden „wird schon gut gehen“, ging es auch gut, und von den Malen, wo wir zusammen entschieden „wir brauchen Hilfe“, wäre auch noch das meiste gut gegangen. Womit ich nicht Schuld sein will, wenn der geneigte Leser das nächste Mal einen veritablen Knochenbruch, Darmkrebs oder Herzinfarkt übersieht und denkt, das werde sich schon zurechtwachsen…

Irrwegspaket

Was hier auf dem Küchentisch liegt, ist Christians Geburtstagspaket von seiner Patentante Andrea. (Liebe Andrea, vielen Dank für das Paket, es ist doch noch angekommen!)

Wir wollen das einmal nachverfolgen: die unten rechts ausgepixelte Adresse ist handschriftlich und etwas hingeschlurt, OK, aber völlig fehlerfrei. Der Frankieraufkleber der Postfiliale sagt 16. Dezember, 3 Tage vor seinem Geburtstag. Oben in der Mitte ist ein Aufkleber „Empfänger unbekannt“, es ist aber keins der fraglichen Felder angekreuzt – klar, es trifft ja auch keins zu. Links ein Aufkleber „zur Leitcodierung“, und dann wurde die Adresse nochmals mit Pfeilen markiert und der Absender ausgestrichen.

Google sagt uns, was da wahrscheinlich passiert ist: Die Handschriftenerkennung in der Sortieranlage hat wohl den Absender besser lesen können als den  Empfänger, und das Paket mit Andreastadt statt Christianstadt „leitcodiert“, es reiste also im Kreis. Tja. 14 Tage lang – wenn es einmal schiefgeht, geht es schief.

Unwetter und Un-Geburtstag im Kindergarten

Im Kindergarten wollte Christian heute seinen Geburtstag in der Gruppe 3 feiern, so war es mit Frau W. abgesprochen. Barbara hatte also gestern einen Kuchen gebacken, Thema diesmal: Fußballfeld…

OK, natürlich war uns bewußt, daß wir gestern ein Schneeunwetter hatten. Schließlich durfte jeder mal schippen. Aber wir hatten nicht auf der Uhr, daß sich das heute noch so auswirken würde. Jedenfalls waren heute morgen so wenige Kinder da, und es wurde auch mit dem Ausbleiben von Personal gerechnet, daß man die drei Gruppen zu zweien zusammengelegt hat. Ein Geburtstagsfrühstück fiel damit aus. Statt dessen wurde uns ein Geburtstagscafé am Nachmittag versprochen. Doch dann berichtete Christian, daß es auch dazu gar nicht kam, weil so viele Kinder schon so früh abgeholt wurden. Häh?

Anscheinend liegt also für 20 Kinder Kuchen im Kühlschrank, und wird hoffentlich morgen serviert, sonst sind wir etwas gnatsch.

3 Stiche

Nein, es ist nichts Schlimmes passiert, macht euch keine Sorgen…

So sollte so ein Artikel nicht beginnen, muß er aber. Christian hat den Abend in der Kaiserswerther Diakonie verbracht, und eine „Medaille für Mut und Tapferkeit beim Arzt“ nach Hause getragen, sowie ein kleines Stückchen rasierte Kopfhaut und drei Stiche darauf.

Lisa und er taten, was sie am frühen Abend gern mal tun, sie tobten auf dem Sofa. Sie laufen auch mal auf der breiten Lehne entlang, und sie fallen auch schon mal nach hinten in die Spielecke herunter. Ist beiden schon passiert, hat auch schon mal die eine oder andere Beule gegeben, aber, wie sagt Artikel 3 des Kölschen Grundgesetzes – „ett hett noch immer joht jejange.“ Heute nicht (wie im übrigen in Köln das Kölsche Grundgesetz seit dem Einsturz des Stadtarchivs vor zwei Wochen ja auch nicht mehr uneingeschränkte Gültigkeit aufweist). Heute fiel Christian mit dem Kopf gegen die Legokiste. Also gab es Blut und einen ziemlich unschönen Riß, wenn auch keine Anzeichen einer Gehirnerschütterung. Trotzdem, das sollte ein Arzt ansehen.

Also auf nach Kaiserswerth. Großes Lob für eine sympathische und kompetente Kinderkrankenschwester und einen sympathischen und kompetenten Assistenzarzt. Nachdem auch sie eine Gehirnerschütterung ausgeschlossen hatten, kam örtliche Betäubung und die oben erwähnten drei Stiche, auf die jeder Pirat neidisch wäre. Immer begleitet von freundlichem Auf-den-Patienten-Eingehen, ohne jede Wartezeit, besser behandelt kann man sich nicht fühlen.

Familiensteuermann

Sehr geehrter Herr Steinbrück, ich freue mich, berichten zu können, daß mein knapp dreijähriger Sohn vor ein paar Tagen als erstes Familienmitglied seine neue Steuernummer erhalten hat.

Zwei Monate war sie unterwegs, und natürlich hat das damit zu tun, daß sie an unsere alte Adresse geschickt wurde, von der wir vor über sieben Monaten ausgezogen sind – auch unser Nachsendeantrag ist inzwischen abgelaufen. Inzwischen ist mit meiner Nummer auch die eines echten Steuerzahlers eingetrudelt – sie ging einen völlig anderen Postweg durch die Behörden, die anscheinend derzeit mühsam von Hand die Nummern Umgezogener nachsenden, und auch die noch fehlenden Nummern werden sicher peu à peu eintreffen.

Sehr geehrter Herr Steinbrück, 80 Millionen Bürgern eine Nummer zu geben ist ein großes Unterfangen, und mir ist klar, daß dabei auch schon mal was schiefgehen kann, zum Beispiel daß man dem Unternehmen, das die Briefe ausdruckt, eine schon von Anfang an ein Jahr alte Version der Adreßdatenbank gibt. Aber bitte bestellen Sie Ihrem Kabinettskollegen Herrn Schäuble, solange sich der Staat bei der Datenverarbeitung derart ungeschickt anstellt, hätte ich vor seinen Überwachungsplänen, die meine grundgesetzlich garantierten Freiheiten einschränken, schon viel weniger Angst.

Windpockenparty

Wer die Windpocken hat, und Christian hat sie recht heftig, ganz anders als Lisa sie hatte, ist bei verantwortlichem Umgang recht kontaktarm. Alle öffentlichen Spielplätze scheiden aus, mancher Vater mag nicht einmal Straßenbahn fahren oder einkaufen mit seinem Kind. So liegt es nahe, sich mit den Freunden zu treffen, die sie auch haben, und wenn ein ganzer Kindergarten von einer Kleinepidemie heimgesucht wird, sind das ja ein paar.

So trafen sich gestern Clara, Ben, Mirjam und unsere Zwerge mit respektiven Eltern in unserem Garten zu einer regelrechten Party. Lustig war’s. Einige waren zunächst besorgt wegen zu viel Sonne, aber insgesamt durften doch alle mal eine Weile unter der Markise hervor.

In other news, bin ich heute erstmals seit einiger Zeit (zwei Wochen machen da einen ganz schönen Unterschied) wieder mit Christian allein und bin hellauf begeistert, wie weit sein Sprachvermögen vorangeschritten ist. Ganze Sätze formen sich zu ganzen Dialogen, es macht richtig Spaß, sich mit ihm zu unterhalten.